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2% von 2% - Forderung für den Zivilschutz

Die Zivilverteidigung oder Zivile Verteidigung umfasst den nichtmilitärischen Teil der Verteidigung und untersteht nicht dem Bundesverteidigungsministerium, sondern dem Bundesministerium des Innern und für Heimat. Sie umfasst die Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsgewalt, den Zivilschutz sowie die Versorgung und Unterstützung der Streitkräfte. Sie ist untrennbar mit der militärischen Landesverteidigung verknüpft.

Das Technische Hilfswerk (THW) ist die Zivilschutzorganisation des Bundes mit ehrenamtlichen Einsatzkräften und hauptamtlichen Mitarbeitern im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern und für Heimat. Durch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK) wird Ausstattung für den Brandschutz- und Sanitätsdienst im Zivilschutz, der durch die Länder betrieben wird, bereitgestellt.

In Deutschland sind Katastrophenschutz und der Zivilschutz gemeinsam Teil des Bevölkerungsschutzes und die Zuständigkeiten klar definiert:

Zivilschutz
  • Der Zivilschutz ist nach Artikel 73 des Grundgesetzes der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes unterworfen.
    • Er bezieht sich auf den Schutz der Bevölkerung vor kriegsbedingten Gefahren.
  • Das Bundesministerium des Innern ist für den Zivilschutz verantwortlich.
    • Das Technische Hilfswerk ist die taktisch-operative Zivilschutzorganisation des Bundes.
    • Beispiele für Zivilschutzmaßnahmen sind Evakuierungspläne, Warnsysteme und Schutzräume.
Katastrophenschutz
  • Der Katastrophenschutz fällt in die Verantwortlichkeit der Bundesländer.
    • Zuvorderst sind die Feuerwehren für den Katastrophenschutz zuständig.
  • Er bezieht sich auf den Schutz vor großen Unglücken oder Katastrophen in Friedenszeiten.
Integriertes Hilfeleistungssystem
  • Die Ressourcen, die der Bund im Zivilschutz bereitstellt, können auch im Katastrophenschutz der Länder genutzt werden, und umgekehrt.
  • Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und privaten Hilfsorganisationen zur Gefahrenabwehr.

Mit dem Wegfall der Bedrohung aus dem Osten, spätestens aber seit der Wiedervereinigung Deutschlands, wurden die Mittel für den Zivilschutz wie auch die für die militärische Verteidigung im Rahmen massiv reduziert. Selbstschutzfähigkeiten und die zentrale Warnung der Bevölkerung wurden aufgegeben und die notwendige Fort- und Weiterentwicklung des Zivilschutzes nur noch sehr eingeschränkt weiterverfolgt. Die einheitlichen Vorgaben für den Katastrophenschutz wurden vielfach aufgegeben und den Bundesländern überlassen. Seitdem wird der Zivilschutz auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau fortgeführt, dass der relativ sicheren Lage der Vergangenheit entsprach.

Dem konnte sich auch das THW nicht entziehen. Der klassische Zivilschutz und die dafür benötigten Fähigkeiten rückten in den Hintergrund, Aufgaben im Katastrophenschutz in den Vordergrund. Die grundsätzliche Leistungsfähigkeit des Technischen Hilfswerks wurde durch die ehrenamtlichen Einsatzkräfte nicht zuletzt im Ahrtal eindrücklich unter Beweis gestellt.

Allerspätestens mit dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine hat sich die Lage jedoch dramatisch gewandelte. Ein Krieg nicht einmal 1.000 km von uns entfernt, in dem mittelbar auch die NATO und damit auch Bundesrepublik involviert sind, bei der die Sicherheit der westlichen Welt bedroht wird, rückt sowohl die militärische Verteidigung als auch den damit untrennbar verbundenen Zivilschutz wieder in den Fokus.

Auf diese neue Bedrohungslage ist der Zivilschutz nicht vorbereitet und auch finanziell nicht unterfüttert. Dies gilt auch und in besonderem Maße für das Technische Hilfswerk. Nicht nur, dass es im Ausstattungsbereich nach wie vor eklatante Mängel gibt, die StAN wird bei weitem nicht erreicht. Auch auf den Zivilschutzfall ausgerichtete Ausstattung und Fähigkeiten gibt es nicht oder nur in rudimentärer Ausprägung. So ist das Technische Hilfswerk z. B. nicht in der Lage, flächendeckend eine eigene Tanklogistik zu betreiben oder seine Unterkünfte im Blackoutfall mit Notstrom zu versorgen um damit den unerlässlichen Betrieb in Krisenfällen sicher zu stellen. Um nur zwei Beispiele von vielen zu nennen. Zudem fehlen hochgeländegängige Fahrzeuge und innovative Technik. Wir benötigen eine verstetigte Grundfinanzierung von derzeit €675m, nur um den Status Quo aufrecht erhalten zu können – aktuell liegen unsere jährlichen Mittel deutlich darunter!

Personell hat sich das THW trotz des Wegfalls der Wehrpflicht und entgegen dem allgemeinen Trend mehr als erfreulich entwickelt. Wir konnten unseren Stand an THW-Kräften von rd. 80.000 auf heute mehr als 88.000 in nur wenigen Jahren steigern. Ein Beweis für die Attraktivität des THW als Hilfsorganisation, die ein hervorragendes Fundament für die zukünftige Entwicklung darstellt. Dabei ist festzuhalten, dass der Trend auch weiter anzuhalten scheint. Diesem Aufwuchs halten aber die wenigsten Unterkünfte des THW in Deutschland stand. So sind in fast allen Fällen Spind- und Waschräume Mangelware und auch der Platz für die Unterbringung der Fahrzeuge, Anhängerund Ausstattung ist in nahezu keiner Unterkunft in StAN-gemäßer Menge vorhanden!

Die Ausstattung mit Fahrzeugen ist aktuell weitestgehend gut, dies ist dem mittlerweile ausgelaufenen Sonderprogramm zur Fahrzeugbeschaffung zu verdanken. Allerdings wurde damit nur der Status Quo (weitestgehend) verjüngt. Ein quantitativer Aufwuchs fand damit ebenso wenig statt wie ein Fähigkeitsaufwuchs und es gibt auch im Bereich der Fahrzeugbeschaffung nach wie vor große quantitative Lücken die uns sowohl taktisch als auch quantitativ stark behindern.

Im Bereich der Ausstattung tuen sich aber nach wie vor sehr große Lücken auf was in der Konsequenz dazu führt, dass personell bestückte Einheiten nicht einsatzfähig sind, da ihnen grundlegende Ausstattung fehlt. Als Beispiel seien hier die Fachgruppen Wasserschaden/Pumpen genannt, denen die Großpumpe auf Anhänger fehlt. Jedoch ist Ausstattung in fast allen Bereichen aus Mangel an Investitionsmitteln überaltert, mangelhaft oder gar nicht vorhanden. Notgedrungen müssen die Fördervereine seit der Wiedervereinigung daher oft nicht mehr nur lokales "nice-to-have" beschaffen und unterhalten, sondern fehlende StAN-Ausstattung bis hin zu Fahrzeugen, weil die taktisch-operativ benötigten und in der StAN definierte Ausstattung und Fahrzeuge durch den Bund mangels Mitteln nicht beschafft werden kann.

Überhaupt nicht berücksichtigt werden können heute technische und taktische Entwicklungen, der Zivilschutz basiert oftmals noch auf Innovationen der 60-iger und 70-iger Jahre und auch die Forschung und Entwicklung in diesem Bereich ist mangels Mittel nur allenfalls sehr rudimentär möglich, eine Umsetzung meist nur in Einzelstücken (vgl. Amphibienfahrzeuge).

Die Ortsverbände quälen massive finanzielle Sorgen, reduzieren sich die seit Jahren mangels Masse nicht erhöhten Mittel doch regelmässig signifikant durch die Inflation einerseits und zunehmende Kosten für Wartung, Instandsetzung und Prüfungen. Angestoßene Bauprogramme, die nur einen Bruchteil der wirklichen Problemliegenschaften lösen können, sind nicht durchfinanziert und belasten den Investitionstitel zusätzlich. Jede Kostensteigerung kann durch das enge Finanzkorsett des THW ausschließlich durch Einsparungen im ehrenamtlich relevanten Bereich, also Liegenschaften, Selbstbewirtschaftungsmittel und vor allem im Bereich der Investitionen in Fahrzeuge und Geräte erreicht werden. Was unmittelbare Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit im Zivilschutz hat.
Um das THW und die anderen Akteure im Zivilschutz wieder dazu zu befähigen, ihre Aufgaben effizient und sicher wahrnehmen zu können, muss die finanzielle Ausstattung dauerhaft und signifikant verbessert werden. Mit den derzeitigen Mitteln ist der Zivilschutz dauerhaft nicht mal mehr in der heute vorhandenen, und schon stark reduzierten Form, zu erhalten.

Die Nato fordert von ihren Mitgliedern, 2% des BIP für die Verteidigung bereit zu stellen. Dieses Ziel hat die Bundesrepublik u. a. mit dem Sondervermögen für die Bundeswehr nahezu erreicht. Ein vergleichbarer Aufwuchs im Zivilschutz ist jedoch nicht erfolgt. Im Gegenteil, die Mittel für den Zivilschutz wurden trotz der angespannten Weltsicherheitslage sogar noch signifikant gekürzt, Um den ehrenamtlich getragenen Zivilschutz dauerhaft handlungsfähig zu halten, mit Blick auf die heutigen und vor allem auch zukünftigen Bedrohungslagen weiter zu entwickeln und somit den Schutz der Zivilbevölkerung im Verteidigungsfall sicher zu gewährleisten, müssen die Mittel für den Zivilschutz ebenfalls dauerhaft erhöht werden. Wir gehen davon aus, dass dies mit zusätzlichen Mitteln in Höhe von 2% der Nato-Budgetforderung umsetzbar ist (2% von 2%).

In konkreten Zahlen bedeutet dies zusätzliche Mittel i. H. v. ~€1,632 Mrd. jährlich für den Zivilschutz insgesamt, was rd. 2% vom 2%-Ziel der Nato für den Wehretat bedeutet, davon mind. €800 Mil. für das Technische Hilfswerk.
Wir gehen davon aus, dass zusätzliche Mittel für den Zivilschutz, also für das Technische Hilfswerk, die Ergänzungen im Bereich Brand- und Sanitätsdienst durch das BBK, Selbstschutzausbildung, Warnung der Bevölkerung, etc. damit grundlegend gestärkt wird.
Die finanziellen Probleme treiben alle Akteure im Zivilschutz um, zumal die Länder nur für den Katastrophenschutz verstärken können.

André Stark
Landessprecher für das THW in Bayern
Klaus Liepert
stv. Landessprecher für das THW in Bayern
Michael Wüst
stv. Landessprecher für das THW in Bayern
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